Ich bin - das Bewusstsein. Verarbeiten

Die Explosion eines Sterns reißt das Universum aus seiner Stille. Das habe ich, das Bewusstsein, schon oft erlebt. Auf der Erde sind es Stürme, Wolfsrudel oder Flöhe, die den Frieden der Lebewesen stören. Den Menschen reicht ein kleiner Anlass, um sich komplett zu verlieren.

Cassie sitzt in der Mensa. Sie wurde gerade in einer Sitzung von einem Kollegen persönlich angegriffen, sie hat zurückbeleidigt. Der Streit ist eskaliert, sodass zwei Kollegen eingreifen mussten. Ihr Körper zittert noch, sie wiederholt in Gedanken immer wieder den Streit. Sie nimmt nicht ihre Currywurst mit Pommes wahr, nicht die Studierenden um sich herum. Immerhin geht es ihr mit jedem Bissen und jedem Schluck Cola besser.

Wenn sie nur wüsste, was ich weiß. Ihr Körper reagiert nicht nur auf den Streit mit ihrem Kollegen, sondern auch auf längst vergangene Streits mit ihrem Ex-Mann. Es spielt sogar ein Streit, den sie als Teenager mit ihrem Vater hatte, in ihr Körperempfinden hinein. Das alles wirkt auf ihren Körper, verursacht Anspannung und Ohrenrauschen bei Cassie. Mit ein paar Atemzügen könnte sie den Stress klären, doch meine Botschaft kommt nicht an. Mit jedem Bissen, den sie in sich hineinstopft, drückt sie die Wut, die Hilflosigkeit, den Hass und die Traurigkeit in den Schattenbereich ihres Bewusstseins. Von dort aus werden die verdrängten Gefühle in Zukunft ihr Verhalten steuern.

„Guck mich mal an. Du musst atmen“, spricht ein Mann meine Worte aus. Es ist ihr Kollege Anton. Doch Cassie sieht nicht auf. Er zieht ihr vorsichtig das Tablett mit dem Teller weg. „Komm zu dir.“

Cassie blinzelt und wird sich ihrer Umgebung gewahr. Sie erinnert sich nicht daran, überhaupt in die Mensa gegangen zu sein, geschweige denn sich mit Anton hingesetzt zu haben.

„Du siehst aus, als wärst du noch komplett in der Welt eures Streits“, sagt er freundlich.

„Der hat mich beleidigt. Der ist so ein Arsch“, braust Cassie auf. Die Studierenden am Nachbartisch schauen auf. Schimpfworte hören sie von den Lehrenden selten.

„Atme“, wiederholt Anton meine Botschaft. Er macht es ihr sogar vor. Cassie imitiert seinen Atemrhythmus und kommt wieder mehr in der Gegenwart an. Sie weitet nicht nur die Brust, sondern auch die Seiten und die Schultern. Ihr ganzer Oberkörper dehnt sich aus.

„Die Diskussion ist noch nicht beendet, wir brauchen dich und deinen streitbaren Geist im Kollegium, also komm zu dir“, lächelt Anton.

Cassie kann nicht lächeln, aber das Ohrenrauschen hört langsam auf. „Diese Herablassung macht mich wahnsinnig“, flüstert sie.

Anton grinst nun. „Ich glaube nicht, dass er sich das noch mal trauen wird, so wie du ihm zugesetzt hast.“

Anton sieht ihr in die Augen und atmet weiter. Sie tut es ihm nach. Ihr Körper entspannt sich, die Gedanken hören auf zu kreisen. Cassie kann sich wieder besser an den Streit erinnern. Mit Abstand betrachtet, war die Beleidigung gar nicht so schlimm. Sie erkennt, dass sie den Kollegen so in die Enge getrieben hat, dass er sich nicht mehr anders zu helfen wusste. Das beruhigt sie. Sie isst nicht auf, sondern macht mit Anton einen Spaziergang. Danach ist sie präsent genug für den zweiten Teil der Sitzung. Dort kommt es nicht wieder zum Streit. Stattdessen setzen Cassie und Anton die Forderungen ihres Bereichs entspannt durch.

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