Was sollen die Leute denken?

Das ist eine Frage aus dem vorigen Jahrtausend. Wir richten uns nicht mehr danach. Oder?

Neulich kam mir diese Frage wieder in den Kopf und ich nahm sie wörtlich. Ja, was sollen sie denn denken? Sollen sie Gutes über mich denken? Richtiges? Etwas, das mich glücklich macht? Etwas, das ihnen gut tut?

Vom Verstand her ist es mir egal, was sie denken, denn ich glaube schon lange, dass die Gedanken der Leute nichts mit mir zu tun haben, sondern mit ihrer Art, die Welt zu sehen.

Es gibt aber etwas, das mit mir zu tun hat, nämlich die Art, wie diese Frage meine Familie geprägt hat. Meine Eltern, Großeltern, Tanten, Cousinen.

Meine Großmutter war der Ansicht, die Leute müssten Gutes über mich denken. Ich sollte lieb, bescheiden, freundlich und zurückhaltend sein. Von ihr habe ich gelernt, mich gut darzustellen und meine besten Seiten zu zeigen. Das ist in vielen Situationen hilfreich.

Es gibt aber noch andere Aspekte. Für mich klang es immer danach, mich anzupassen, es genauso zu machen, wie die anderen. Denn wenn wir es alle gleich machen, fällt niemandem auf, was ich tue. Niemand nimmt Notiz davon.

Das will heute kaum noch jemand. Alle wollen auffallen oder gesehen werden. Sie schielen danach, wie die anderen es machen, aber dadurch werden sie in der Masse genauso unsichtbar wie die, die nicht auffallen wollen.

Also muss man eine Schippe draufpacken. Zumindest, wenn man eine Karriere oder die Rettung der Welt anstrebt. Denn das geht nicht, ohne aufzufallen oder zumindest gesehen zu werden. Und hier ist es völlig egal, was die Leute denken. Hauptsache sie reden.

So kann man nicht mal mehr rebellieren. Die einen fragen sich bei jeder Klamotte, ob die Leute das wohl gut finden. Die anderen wollen unbedingt, dass die Leute das blöd finden. Dabei ist beides nicht hilfreich, denn so oder so macht man sich abhängig von den Gedanken der Leute. Wer immer die sein mögen. Dabei wäre es doch natürlich, das zu tun, was man selber denkt und schön oder richtig findet.

Da sind wir bei dem springenden Punkt: Wir glauben, dass die Gedanken der Leute Urteile über uns sind und die meisten von uns haben Angst, verurteilt zu werden. Für unsere Kleidung, unsere Ideen, unsere Berufe, unsere Körper. Wir haben ganz früh gelernt, dass andere uns verurteilen.

Was tun? Ein Mantra entwickeln, dass niemand über uns urteilen kann? Das ist nicht leicht, weil alte Glaubenssätze schwer zu überwinden sind.

Einfacher ist es, unserer eigenen Urteile überprüfen. Überleg mal. Bist du im Umgang mit deinem Partner, deiner Partnerin erdrückend oder fürsorglich? Engagierst du dich für deine Kolleginnen oder bist du übergriffig? Machst du Komplimente oder schleimst du? Motivierst du Menschen oder nervst du? Hast du kreative Ideen oder spinnst du? Bist du oberlehrerhaft oder kannst du gut vermitteln? Wenn wir wissen, wie wir über uns selbst denken, können wir uns aus dieser Falle befreien.

Such dir einzelne Situationen heraus und prüfe deine Gedanken über dich selbst. Urteilst du gut über dich? Wenn nicht, warum nicht? Hat deine Oma dich vorlaut genannt?  Oder ist es wahrscheinlicher, dass du aufgeweckt warst und sie sehr ruhebedürftig? Fand dein Großvater dich oberlehrerhaft? Vielleicht war er erschrocken darüber, wie du als Knirps die Welt erklärt hast.

Und wenn du positive Urteile über dich gefunden hast, kann es dir egal sein, was die Leute über dich denken. Denn wir projizieren unsere eigenen Urteile auf andere. Wie schließen aus unseren Gedanken auf ihre. Wenn du irgendwann dass Gefühl hast, du bist völlig okay mit deinen Ecken und Kanten, dann hast du es geschafft. Dann kann es dir egal sein, was die Leute denken.

Oder du fragst sie einfach mal. Viel Spaß dabei.

Wie denken die Leute über dich? Schreib es in die Kommentare.

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